Es sind über 1000 Exemplare, die sich im Besitz von Pastor Wilhelm Gröne befinden, und einige davon sind ab sofort im Felsenmeer-Museum zu sehen. Seine historischen Gesangbücher aus fünf Jahrhunderten und weitere Exemplare des Bürger- und Heimatvereins werden in einer besonderen Ausstellung gezeigt, die am Sonntagnachmittag eröffnet wurde.
Das älteste Gesangbuch in der Ausstellung stammt aus dem Jahr 1540, also noch aus der Zeit Martin Luthers.
Gesangbücher gehörten schon immer zum Alltag des langjährigen Hemeraner Pfarrers. Er entdeckte, welche Faszination sie über den praktischen Gebrauch in Gottesdiensten auf ihn ausübten. Es war Ende der 80er und 90er Jahre, als das jetzt noch aktuelle evangelische Gesangbuch konzipiert wurde und Theologen und Kirchenmusiker daran beteiligt waren. In dieser Zeit beschäftigte sich Wilhelm Gröne erstmals mit alten Gesangbüchern. „Mir wurde bald klar, dass sie nicht nur die Entwicklung des evangelischen Liedguts widerspiegeln, sondern auch die Geschichte der Theologie, Musik, Kunst und selbst die politische Zeitgeschichte“, so Gröne.
Wilhelm Gröne fand seine Gesangbücher vor allem in Antiquariaten. Dort fanden sich immer wieder ein neues „Schätzchen“ für seine Sammlung. Ein bisschen Zeit zum Stöbern muss immer sein. Gerne besucht er Fachmessen für Antiquitäten, kommt mit anderen Sammlern ins Gespräch und hält auch gerne den Kontakt für den weiteren Austausch.
Wenn man sich die Gesangbücher genauer ansieht, gibt es große Unterschiede: Handschriftliche Notizen belegen, dass mit diesen Büchern gearbeitet, gebetet und gelebt worden ist. In der Sammlung von Wilhelm Gröne finden sich Familiengesangbücher, die auch die Bibel oder nur Teile der Heiligen Schrift enthalten und oft die einzige Lektüre in den Häusern einfacher Menschen gewesen sind. Es gibt Gesangbücher, die 1945 nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges auf einfachstem Papier gedruckt worden sind und mit deren Hilfe das religiöse Leben in Flüchtlingsfamilien, die fast alles verloren hatten, wieder in Gang kam.
Es gibt aber auch Gesangbücher mit unversehrtem Goldschnitt, was darauf hindeutet, dass sie von den Besitzern so gut wie nie benutzt worden sind. „Wer es sich leisten konnte, hat sein Gesangbuch kostbar einbinden lassen“, so Gröne.
Deutlich macht er, dass jedes Gesangbuch der Ausstellung „ein ganz besonderes mit einer eigenen Geschichte ist“. Zum Beispiel auch ein großes württembergisches Gesangbuch einer Singgruppe aus einer Schule. Da habe der Lehrer das Gesangbuch gehalten und die Schülerinnen und Schüler hätten sich drumherum postiert, sodass alle gut die Noten lesen konnten, so Gröne.
Höhepunkt der sehr gut besuchten Ausstellungseröffnung war der Vortrag von Wilhelm Gröne. Er startete mit einem Hinweis auf den Artikel 139 des Grundgesetzes. „Der Sonntag und der staatlich anerkannte Feiertag bleibt als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ heißt es darin. „Und für viele bedeutet dies, eben auch Gott zu loben und zu singen“, erklärte Wilhelm Gröne, der sich nach dem Vortrag gerne Zeit nahm, um mit den Gästen ins Gespräch zu kommen und um viele Fragen zu beantworten. Zudem hatte er Landkarten vom Deutschen Reich dabei. „Das war damals ein Flickenteppich, und es gab viele verschiedene Territorien. Jedes hatte sein eigenes Gesangbuch!“ Zitate von Thomas Mann und Theodor Fontane rundeten die Einführung in die Ausstellung ab. Seine Frau Beate spielte Klavier, zusammen mit den Gästen wurde gesungen.
Carmen Ahlers IKZ 09.04.2024